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Der alte Mann von nebenan

In dem Haus gegenüber von meinem kleinen Fenster wohnt ein alter Mann. Er scheint bereits senil zu sein und seine grauen Haare hängen ihm traurig um sein Gesicht herum. Sein Tagesablauf ist immer der selbe. Jeden Morgen steht er aus seinem Bett auf, welches direkt an dem Fenster steht, und fängt an sein Bett abzuziehen und sich anschließend seine dünnen Haare mit einem kleinen Kamm zu kämmen. Dann öffnet er das Fenster und schaut 5, 10, 15 Minuten einfach nur raus. Er starrt einfach ins Nichts, bewegt sich dabei kaum.

Pünktlich um 9 Uhr beginnt er seine abgezogene Bettwäsche in einen roten Wäschekorb zu packen, die den Korb bis zum Rand ausfüllt. 

Eine Stunde später trägt er seine Wäsche ins Treppenhaus. Es hat große Fenster, die bis zum Boden reichen und Licht auf die angegrauten Wände lassen. Auf jeder Etage stehen Pflanzentöpfe und im 2. Stock ist ein Fahrrad an das Geländer geklemmt. das Treppenhaus sieht etwas trostlos aus, mit seinen Pflänzchen und dem Fahrrad.

Die Wäschespinne steht neben dem Haus auf einer kleinen Wiese, die von Sträuchern umgeben ist. Daneben steht ein Fahrradschuppen, dessen Dach von der Witterung mit Moos überwuchert ist. Der alte Mann trägt eine Bommelmütze, die ihm etwas kindliches, gerade zu hilfloses, verleiht. Schwerfällig trägt er den Wäschekorb auf die Wiese, und beginnt zu erst den Kissenbezug, danach den Deckenbezug aufzuhängen. Zum Schluss macht er sich an das Bettlaken. Von Tag zu Tag beginnt er schwerfälliger an den Zipfeln zu ziehen und zu ruckeln, um es ordentlich hin zuhängen. Von Tag zu Tag gelingt es ihm schlechter. Von Tag zu Tag braucht er länger, bis er mit seinem Ergebnis zufrieden ist.

Es ist ein wenig beklemmend ihn jeden Morgen mehr verzweifeln zu sehen, wie er seine Arbeit von allein Seiten begutachtet um dann kopfschüttelnd noch einmal von vorne zu beginnen und das Bettlaken neu aufzuhängen. Die Zeit nagt an ihm.

Von der einen Seite zur anderen, immer hin und her, beginnt er das Bettlaken neu fest zustecken, doch gerade ist es nie. Am Ende gibt er frustriert auf.

Ich habe ein wenig Angst davor, alt zu werden. Anderen Menschen, die mir nahe stehen, zur Last zufallen, beängstigt mich. Aber das Altern kann man nicht aufhalten. Genau so wenig, wie man die Zeit aufhalten kann. Man muss versuchen sich damit abzufinden und das beste daraus zu machen. Aber bis dahin ist noch ein weiter Weg voller Erlebnisse und Erfahrungen.

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